Der Bundesgerichtshof (BGH) sollte am 7. März 2024 um 9.00 Uhr über einen bedeutenden Fall im Bereich der Sportwetten verhandeln. Unter dem Aktenzeichen I ZR 90/23 sollte der I. Zivilsenat darüber entscheiden, ob ein Veranstalter von Sportwetten, der im Inland nicht über die erforderliche Konzession der zuständigen Behörde verfügte, die verlorenen Wetteinsätze eines Spielers erstatten muss.
Das Verfahren am Bundesgerichtshof (BGH) zur Erstattung von Verlusten aus unzulässigen Online-Sportwetten wurde überraschend ausgesetzt, da Vergleichsverhandlungen laufen. Der beklagte Sportwettenanbieter Tipico möchte offenbar ein Grundsatzurteil und eine mögliche Klagewelle vermeiden und bietet daher dem Kläger einen lukrativen Vergleich an. Betroffene Glücksspieler sollten die Zahlungsbereitschaft von Tipico als positives Signal für mögliche Vergleichsmöglichkeiten werten.
Im Fokus steht die Klage eines Spielers gegen einen Wettanbieter mit Sitz in Malta. Der Kläger argumentiert, dass die Sportwetten, an denen er von 2013 bis 2018 teilnahm, aufgrund des Fehlens einer deutschen Lizenz für den Veranstalter unrechtmäßig waren. Obwohl der Wettanbieter eine Lizenz der maltesischen Glücksspielaufsichtsbehörde besaß, fehlte die Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten in Deutschland. Die Beklagte stellte einen Antrag auf eine solche deutsche Lizenz. Auf Grundlage des Antrags der Beklagten ordnete das Verwaltungsgericht Wiesbaden an, dass die zuständige Behörde der Beklagten die Lizenz zu erteilen hat (siehe VG Wiesbaden, Urteil vom 31. Oktober 2016 - 5 K 1388/14.WI). Der Kläger fordert die Rückzahlung seiner erlittenen Verluste von 3.719,26 € nebst Zinsen sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Obwohl der Wettanbieter gegen den Glücksspielstaatsvertrag verstieß, entschieden das Amtsgericht und das Landgericht, dass die Wetten trotzdem gültig sind. Die Beklagte hatte eine Lizenz nach § 10a Abs. 2 GlüStV beantragt und die Bedingungen für die Erlaubniserteilung erfüllt. Die Lizenz wurde nur deshalb nicht erteilt, weil das Konzessionsverfahren gegen EU-Recht verstoßen hat. Deshalb kann der Kläger laut den Vorinstanzen sein Geld nicht zurückfordern.
Außerdem hat der Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 Absatz 2 BGB.
Sollte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem ähnlichen Fall Stellung nehmen, könnte dies wegweisend für die rechtliche Behandlung unzulässiger Sportwetten in Deutschland sein. Angesichts der aktuellen Vergleichsverhandlungen des Sportwettenanbieters Tipico, bei denen das Risiko einer Entscheidung durch den BGH eine Rolle zu spielen scheint, könnte die endgültige Entscheidung des BGH erhebliche Auswirkungen auf die Glücksspielregulierung und die Durchsetzung von Spieleransprüchen haben. Die weitere Entwicklung in diesem Bereich wird daher mit Interesse verfolgt werden.
Bis zum aktuellen Zeitpunkt haben Spieler die Möglichkeit, Verluste einzufordern, insbesondere von Anbietern ohne deutsche Lizenz, unter der Bedingung, dass sie sich zum Zeitpunkt des Spielens der Illegalität nicht bewusst waren.
Quelle: Bundesgerichtshof (BGH), Pressemitteilung Nr. 008/2024, Karlsruhe, 17. Januar 2024.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 10. Januar 2024 einen bedeutenden Beschluss im Revisionsverfahren I ZR 53/23 gefällt, der für Aufsehen sorgt. Es geht um die Frage, ob ein Veranstalter eines im Inland verbotenen Online-Pokerspiels die verlorenen Spieleinsätze eines Spielers erstatten muss.
Im Gegensatz zum parallel laufenden Verfahren in Sachen Online-Sportwetten I ZR 90/23, das am 7. März 2024 mündlich verhandelt werden sollte, betrifft dieser Fall Verluste bei Online-Pokerspielen, die dem Totalverbot des § 4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) 2012 unterlagen. Die Beklagte, eine in Malta ansässige Glücksspielplattform, bot über eine deutschsprachige Webseite Glücksspiele an, darunter Online-Poker.
Die Klägerin argumentiert, dass diese Spiele aufgrund des fehlenden deutschen Erlaubnisses des Veranstalters rechtswidrig waren. Die Klägerin macht geltend, sie habe nicht gewusst, dass es sich bei dem Angebot der Beklagten um ein verbotenes Glücksspiel gehandelt habe. Sie fordert die Rückzahlung ihrer erlittenen Verluste von 132.850,55 € nebst Zinsen.
Das Landgericht entschied zugunsten der Klägerin, und die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Nach Ansicht des Landgerichts kann die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung ihrer Spielverluste geltend machen. Die Glücksspielverträge seien nichtig, da das Veranstalten von Glücksspielen im Internet verboten war. Dieses Verbot sei mit EU-Recht konform, und sein Zweck erfordere die Nichtigkeit der Verträge.
Doch die Beklagte legte Revision ein, die nun vor dem BGH verhandelt werden sollte. Jedoch hat der BGH das Verfahren vorläufig ausgesetzt, bis der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in dem Verfahren C-440/23 ein Vorabentscheidungsersuchen des Civil Court Malta vom 11. Juli 2023 beantwortet hat. Dieses Vorabentscheidungsverfahren betrifft insbesondere die Frage der Unionsrechtskonformität des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012, der das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Online-Glücksspiele verbietet.
Diese Entscheidung des BGH könnte weitreichende Auswirkungen auf die Regulierung des Glücksspiels haben. Die endgültige Entscheidung des BGH wird erst nach der Stellungnahme des EuGH erwartet.
Quelle: Bundesgerichtshof (BGH), Pressemitteilung Nr. 009/2024, Karlsruhe, 17. Januar 2024.