Für alle, die Verluste bei Sportwetten erlitten haben, kam es zu Beginn des Monats zu einem lange erwarteten Ergebnis am Bundesgerichtshof (BGH). Zwar wurde im Fall I ZR 88/23 kein Urteil gesprochen, dennoch hat das Ergebnis weitreichende Folgen für Spieler und Wettanbieter. Was genau dahintersteckt, klären wir im heutigen Beitrag.
Verhandelt wurde in dem Fall eine Klage gegen den österreichischen Wettanbieter Betano. Ein Kunde hatte dort Verluste von knapp 12.000 Euro erlitten. Allerdings verfügte Betano nicht über eine Lizenz zum Anbieten von Sportwetten. Aus diesem Grund forderte der Kunde die Rückzahlung der Verluste vom Anbieter.
Der Fall wurde zunächst am Landgericht Görlitz verhandelt, dort allerdings abgelehnt. Daraufhin wurde vom Kläger Berufung am OLG Dresden erhoben. Die Richter am OLG entschieden zugunsten des Klägers, woraufhin Betano seinerseits ebenfalls in Revision beim BGH ging. Da die Parteien Vergleichsverhandlungen führen wollten, wurde ein für Anfang März angesetzter Verhandlungstermin aufgehoben und das Verfahren pausiert. Nachdem die Verhandlungen zu keinem Ergebnis führten, wurde ein Termin zur mündlichen Verhandlung für Anfang Mai angesetzt.
Der BGH veröffentlichte im weiteren Verlauf einen Beschluss, in dem das Gericht Hinweise zu den relevanten Rechtsfragen erteilte. Nach der Veröffentlichung und bevor es zur mündlichen Verhandlung kam, zog Betano seine Klage zurück. Ein endgültiges Urteil durch das BGH wurde deshalb nicht ausgesprochen.
Im Gegensatz zu einem Urteil ist ein Hinweisbeschluss keine endgültige Entscheidung eines Gerichts und daher rechtlich nicht bindend. Im Hinweisbeschluss wird lediglich die vorläufige Meinung des Gerichts dargelegt mit dem Ziel, den beteiligten Parteien anzuzeigen, wie man voraussichtlich urteilen wird. Das soll dazu beitragen, dass die Parteien die Möglichkeit haben, ihre Positionen anzupassen oder eventuell eine außergerichtliche Einigung zu erzielen.
Doch obwohl der Hinweisbeschluss nicht bindend ist, hat er in der Praxis oft starken Einfluss und entfaltet nicht selten die gleiche Wirkung wie ein endgültiges Urteil.
Zum Hintergrund: Zivilklagen können jederzeit zurückgenommen werden. Das macht vor allem Sinn, wenn man merkt, dass das Gericht zu eigenen Ungunsten entscheidet. Um jedoch zu vermeiden, dass Rechtsfragen dauerhaft ungeklärt bleiben, haben Gerichte mit dem Hinweisbeschluss die Möglichkeit anzudeuten, wie sie wahrscheinlich entscheiden werden.
Auf über 20 Seiten haben die Richter des BGH umfangreich dargelegt, welche Ansicht sie im vorliegenden Fall vertreten. Aus dem Beschluss geht hervor, dass Sportwetten-Anbieter ohne die erforderliche Lizenz in Deutschland keine gültigen Verträge abschließen können.
Der BGH bestätigte in seinem Hinweisbeschluss, dass die deutschen Gerichte zuständig sind und deutsches Recht anzuwenden ist. Online-Glücksspielanbieter argumentieren gern, dass das äußerst strenge deutsche Recht gegen Europarecht verstößt und daher nicht anwendbar ist. Dem hat der BGH nun widersprochen.
Laut BGH sind die Sportwettenverträge zwischen Kläger und dem Anbieter Betano nichtig, da sie gegen den Glücksspielstaatsvertrag von 2012 verstoßen. Dieser schreibt klare Regeln für das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen vor.
Ein wesentlicher Punkt der Entscheidung ist, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Wetten keine gültige Konzession hatte und somit gegen § 4 des Glücksspielstaatsvertrags verstieß. Die Vorschrift besagt, dass öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde veranstaltet oder vermittelt werden dürfen. Ein Verstoß gegen diese Regel führt dazu, dass alle Verträge gemäß § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nichtig sind. Im Ergebnis werden alle Verträge rechtlich so behandelt, als wären sie nie abgeschlossen worden.
Hervorzuheben ist, dass die Verträge auch dann nicht gültig sind, wenn das Unternehmen später eine Lizenz erhält. Der BGH betont, dass das Fehlen einer Erlaubnis zum Zeitpunkt der Wetten entscheidend ist.
Außerdem stellt der Glücksspielstaatsvertrag strenge Anforderungen an Sportwettenanbieter, wie etwa die Begrenzung des monatlichen Höchsteinsatzes und die Trennung von anderen Glücksspielarten, die in diesem Fall ebenfalls nicht eingehalten wurden.
Ist ein Vertrag nach §134 BGB unwirksam, sind alle Seiten zur Rückzahlung des bereits Geleisteten verpflichtet. Laut BGH trifft dies auf Verträge, die zwischen Spielern und Wettanbietern geschlossen wurden, zu. Als Leistungsempfänger sind die Wettanbieter daher zur Rückzahlung des gezahlten Geldes verpflichtet.
Auch wenn kein Urteil gesprochen wurde, kann der Hinweisbeschluss des BGH als klares Signal gewertet werden, wie künftige Entscheidungen ausfallen werden. Damit schafft der BGH relative Klarheit über die Möglichkeiten für Spieler, ihr verlorenes Geld von Sportwetten-Anbietern zurückzufordern. Entscheidend ist hierbei, dass Verluste nur bis zu dem Zeitpunkt eingefordert werden können, bis zu dem der Wettanbieter eine Lizenz erhalten hat.