Eine neue Rechtsvorschrift in Malta schützt Glücksspielunternehmen vor Schadensersatzklagen und wirft dabei Bedenken zum Spielerschutz in Deutschland auf. Die Behörden prüfen aktuell einen möglichen Verstoß gegen EU-Recht. FINE Legal, Inhaber von Glück zurück, hat bereits Beschwerde bei der EU Kommission eingereicht.
In einer jüngsten Entwicklung hat die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder in Halle Stellung zu dem umstrittenen Gesetz genommen. Zusammengefasst hat die Glücksspielbehörde Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des maltesischen Gesetzes mit EU-Vorgaben geäußert, sieht jedoch die Europäische Kommission als die zuständige Instanz für eine endgültige Entscheidung in dieser Angelegenheit an. Das Gesetz betrifft hauptsächlich zivilrechtliche Ansprüche von Spielern und hat potenziell Auswirkungen auf die glücksspielrechtliche Zuverlässigkeit von Glücksspielanbietern.
Das maltesische Parlament hat kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das einheimische Glücksspielunternehmen vor Schadensersatzklagen aus dem Ausland abschirmen soll. Konkret sieht dieses Gesetz vor, dass ausländische Gerichtsurteile von nun an nicht mehr in Malta vollstreckt werden dürfen, sofern die Unternehmen über eine maltesische Glücksspiellizenz verfügen und die lokalen Vorschriften einhalten.
Mit diesem Schritt reagiert Malta auf eine Flut von Klagen aus dem Ausland. Insbesondere in Deutschland und Österreich wurden in jüngster Zeit regelmäßig Gerichtsurteile zugunsten von Spielern und Spielerinnen gefällt. Die Online Casino-Anbieter wurden zahlreich verurteilt, Spielerverluste in beträchtlicher Höhe zurückzuzahlen. Auch zahlreiche deutsche Oberlandesgerichte entscheiden zugunsten der Spieler und Spielerinnen. Die Kläger argumentieren regelmäßig, dass sie nicht wussten, dass diese Spielangebote in ihrem Land illegal waren. Oft geben sie zudem an, unter Spielsucht zu leiden.
Die Betreiber von Online-Casinos boten von Malta aus Glücksspiele im Internet für Spielerinnen und Spieler in Deutschland und Österreich an, obwohl dies dort bis zum 01.07.2021 ausdrücklich verboten war. Unser Artikel zum überwiegendem Verbot von Online-Glücksspiel in Deutschland weist auf die damalige Rechtslage hin.
Nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages 2021 gelten für Online-Casinos einige Regeln zugunsten des Spieler- und Jugendschutzes. Die wichtigste Regelung: Anbieter von Online-Casinos benötigen eine deutsche Lizenz, um Online-Glücksspiel für deutsche Verbraucher:innen anzubieten. Eine maltesische Lizenz reicht nicht aus. Ein Angebot von Online Casinos ohne deutsche Lizenz ist in Deutschland damit weiterhin verboten.
Nähere Informationen zum Glücksspielstaatsvertrag 2021 und der deutschen Lizenz finden sich im Artikel “Glücksspielstaatsvertrag 2021 - Inhalte und Kritik”.
Während das maltesische Gesetzesvorhaben unter Anwälten und Spielerschützern bereits frühzeitig für Aufsehen sorgte, reagierte die Bundesregierung im vergangenen Monat noch weitgehend ahnungslos. Auch die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) gab lediglich bekannt, dass sie Kenntnis von dem Gesetzesvorhaben genommen habe.
Der Online-Rechtsdienstleister FINE Legal möchte mit seiner Beschwerde bei der EU Kommission auf den möglichen Verstoß gegen EU-Recht aufmerksam machen und setzt sich damit aktiv gegen das maltesische Gesetz ein. Einer der vielen Gründe: das maltesische Gesetz missachtet den Spielerschutz.
Mittlerweile bewegt sich jedoch auch bei den deutschen Behörden etwas in dieser Angelegenheit. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) äußerte auf erneute Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios, dass sie das Gesetz aus Sicht des Spielerschutzes durchaus kritisch betrachte. Intern werde der Sachverhalt bereits geprüft, insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Europarecht. Sollte die GGL zu dem Schluss kommen, dass das maltesische Gesetz gegen das Europarecht verstößt, werde sie mit den Ländern das weitere Vorgehen besprechen.
In einer offiziellen Stellungnahme äußerte die Glücksspielbehörde der Länder (GGL) Bedenken bezüglich des "Bill No. 55" aus Malta. Die GGL hat in ihrer Stellungnahme zur Gesetzgebung der maltesischen Regierung Folgendes erklärt:
Auch der deutsche Rechtsdienstleister FINE Legal hat kürzlich ein Schreiben an das Bundesjustizministerium, Bundesgesundheitsministerium, alle Länder der Bundesrepublik Deutschland, den Justizminister und den Drogenbeauftragten der Bundesregierung, etc. adressiert. In dem Schreiben befasst sich FINE Legal mit der aktuellen Rechtslage im Online-Glücksspiel, dem vorliegenden Verstoß gegen EU-Recht und den Auswirkungen des maltesischen Gesetzes auf Deutschland. Das Ziel besteht darin, ein Vertragsverletzungsverfahren durch die Europäische Kommission einzuleiten.
Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, hat ebenfalls Kontakt mit dem Bundesjustizministerium aufgenommen und betont, dass es wichtig sei, den Sachverhalt genau zu prüfen, um zu verhindern, dass die Spielerinnen und Spieler "die Opfer sind" und unter "einer eventuell unklaren rechtlichen Situation zu leiden haben". Blienert weist auf den dringenden Handlungsbedarf hin und unterstreicht die besondere Bedeutung des Spielerschutzes.
Das Bundesjustizministerium sieht die Hauptverantwortung für eine rechtliche Klärung jedoch bei der EU-Kommission. Diese ist zuständig, um zu überprüfen, ob die maltesischen Vorschriften mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar sind, wie eine Sprecherin mitteilt. Die Kommission habe bereits Gespräche mit Malta aufgenommen und werde gegebenenfalls weitere Schritte einleiten. Das Justizministerium werde den Vorgang weiterhin verfolgen.
Es bleibt abzuwarten, wie verurteilte Glücksspielunternehmen den Schutzschirm aus Malta zukünftig nutzen werden. Viele dieser betroffenen Unternehmen besitzen mittlerweile auch eine deutsche Glücksspiellizenz. Insofern unterliegen sie zumindest in dieser Hinsicht der Aufsicht der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder. Diese gibt bekannt, dass sie das Thema weiterhin beobachten werde. Sollten die Anbieter den Schutzschirm zulasten der deutschen Spieler nutzen, müsse im Einzelfall geprüft werden, ob sich dies auf die Zuverlässigkeit des Anbieters auswirkt oder ob möglicherweise Anpassungen in den Nebenbestimmungen der Erlaubnisse erforderlich und möglich sind.