Das Glücksspielrecht lässt die Bundesländer nicht los. Obwohl man derzeit an einem Entwurf zum Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021) arbeitet, haben die Ministerpräsidenten nun eine Einigung hinsichtlich des gemeinsamen Vorgehens gegen illegale Anbieter von Sportwetten, Automatenspielen und Online-Poker erzielt. Nachfolgend siehst Du im Überblick, welchen Inhalt die Einigung hat und welche Konsequenzen sie mit sich bringt:
Ob und inwieweit die Duldung Einfluss auf die Rückforderung künftiger Verluste aus Online-Glücksspiel hat, ist unklar.
Das Online-Glücksspiel ist nach heutiger Gesetzeslage weitgehend verboten. Vielfach bewegen sich die Anbieter von Online-Casinos in der Illegalität. Doch die Behörden der Bundesländer setzen die Bestimmungen des derzeit geltenden Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (Dritter GlüÄndStV) kaum durch und sahen sich intensiver Kritik ausgesetzt.
Mit einer am 08. September 2020 erzielten Einigung zwischen den Ministerpräsidenten auf eine Duldung von bislang illegalen Anbietern von Online-Automatenspielen, Online-Poker und Online-Sportwetten wollen die Länderchefs nun für rechtliche Klarheit sorgen.
Der Umlaufbeschluss der Regierungschefs sieht Regelungen für drei Arten von Online-Glücksspiel vor: Online-Sportwetten, Online-Poker und Online-Automatenspiele. Dabei stützen sich die Voraussetzungen für eine Duldung der Anbieter im Wesentlichen auf die Inhalte des Glücksspielstaatsvertrages 2021. Nachfolgend werden die wichtigsten Punkte des Beschlusses erörtert.
Die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben sich darauf geeinigt, vom 15. Oktober 2020 bis zum 30. Juni 2021 nicht mehr gegen folgende Anbieter vorzugehen:
Welche Vorgaben die Anbieter von Online-Glücksspiel genau erfüllen müssen, kann in den „Gemeinsamen Leitlinien der obersten Glücksspielbehörden der Länder“ vom 30. September 2020 eingesehen werden. Als Stichtag, ab dem die Duldung in Kraft treten soll, nennt der gemeinsame Beschluss der Länder den 15. Oktober 2020. Ab diesem Tag müssen die Anbieter die in den Leitlinien bestimmten Vorgaben erfüllen.
Nach aktuell geltendem Recht können Sportwettenanbieter Lizenzen beantragen und somit auch im Internet legal Sportwetten anbieten. Bis zum 08. September 2020, also dem Tag des Beschlusses zur Duldung, konnten aufgrund eines laufenden Gerichtsverfahrens allerdings noch keine Konzessionen erteilt werden. Aus diesem Grund genügt für Sportwettenanbieter bereits der Konzessionsantrag, um in den Genuss der Duldung zu kommen. Eine Erteilung der Erlaubnis ist somit nicht zwingend erforderlich.
Zugleich werden die Beurteilungsmaßstäbe der Behörden im Rahmen der Erteilung einer Sportwetten-Konzession an Anbieter überarbeitet: Das vergangene Fehlverhalten spielt nur noch eine untergeordnete Rolle; relevant ist vielmehr das zu erwartende künftige Verhalten der Sportwettenanbieter. Darüber hinaus ist es unschädlich, wenn die Sportwettenanbieter auch illegale Online-Automatenspiele oder verbotenes Online-Poker anbieten, solange sie die Vorgaben des GlüStV 2021 erfüllen.
Diese Beurteilungsmaßstäbe gleichen einer „Generalamnestie“ für vergangenes Fehlverhalten der Sportwettenanbieter.
Bereits nach dem geltenden Dritten GlüÄndStV verfügen einige Anbieter über die Erlaubnis, Glücksspiel im Internet für schleswig-holsteinische Nutzer anzubieten anzubieten. Die bestehenden Konzessionen gelten unverändert fort.
Die Duldung gilt nicht für Online-Casinospiele, womit die Lage für diese Art des Glücksspiels unverändert bleibt. Das Verbot geht sogar so weit, dass Automatenspiele nicht die Begriffe „Casino“ oder „Casinospiele“ verwenden dürfen.
Die Ministerpräsidenten bezwecken mit dieser Regelung mehr Klarheit für Anbieter und Nutzer von Online-Glücksspiel; tatsächlich bewirkt die Duldung sogar das Gegenteil. Vor allem zwei Kritikpunkte werden gegen den Beschluss vorgebracht:
Noch ist völlig unklar, welche Auswirkungen die Duldung von Online-Glücksspielangeboten auf die bestehende Rechtslage hat. Die Regierungschefs der Bundesländer wollen durch den Beschluss den geltenden Glücksspielstaatsvertrag in bestimmten Punkten faktisch außer Kraft setzen.
Allerdings kann der Beschluss als Verwaltungsanweisung höchstens die Mitarbeiter der Glücksspielbehörden binden. Gerade die Staatsanwaltschaft wird jedoch nicht durch diese Verwaltungsrichtlinien zu einem bestimmten Verhalten gezwungen. Dies belegen die aktuellen Verfahren der Staatsanwaltschaft Frankfurt unter anderem gegen Tipico wegen des Verdachts der unerlaubten Veranstaltung von Glücksspielen gem. § 284 StGB.
Oberstaatsanwalt Noah Krüger:
„Die Normen des Strafgesetzbuches und des Glücksspielstaatsvertrages können als höherrangiges Recht nicht durch eine Verwaltungsvereinbarung außer Kraft gesetzt werden.“
Laut der Staatsanwaltschaft ist sogar unter Umständen eine Strafbarkeit der Behördenmitarbeiter möglich, wenn Sie aktiv kommunizieren, dass ein nach derzeitiger Rechtslage illegales Glücksspiel erlaubt ist. Dies soll bereits innerhalb der zuständigen Behörden zu Diskussionen geführt haben.
In einer Anmerkung verwies das Saarland explizit darauf, dass der Umlaufbeschluss seine Geschäftsgrundlage und somit seine Gültigkeit verliere, sollte eine Ratifizierung des Glücksspielstaatsvertrags 2021 nicht erfolgen. Tatsächlich werden die geplanten Regelungen des GlüStV 2021 immer wieder als Rechtsgrundlage für die beschlossene Duldung von Online-Glücksspiel herangezogen. Allerdings ist der neue Staatsvertrag noch nicht von den Bundesländern ratifiziert worden.
Im Ergebnis beruhen die Vorgaben der Duldung daher auf einem Entwurf eines Gesetzes. Dies bemängelt sogar der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages, der die Problematik wie folgt zusammenfasst:
„Für den geplanten Glücksspielstaatsvertrag 2021 liegt noch kein einziger Parlamentsbeschluss vor; es handelt sich damit um eine ungewisse zukünftige Gesetzesänderung. Die Glücksspielaufsichtsbehörden dürfen sich bei ihrer Entscheidung darüber, ob sie gegen Anbieter illegalen Online-Glücksspiels einschreiten oder nicht, nicht allein darauf stützen, dass diese die ungewissen, zukünftigen Regeln des Glücksspielstaatsvertrages 2021 einhalten.“
Die von den Ministerpräsidenten der Bundesländer beschlossene Duldung von Online-Sportwetten, Online-Automatenspielen und Online-Poker ist, wie aufgezeigt, rechtlich unsicher. Aus diesem Grund lässt sich nicht vorhersagen, ob aus dem Beschluss auch negative Auswirkungen auf die Geltendmachung Deiner Ansprüche zu befürchten sind. Feststeht jedoch, dass die Duldung erst ab dem 15. Oktober 2020 gilt. Zögere daher nicht, uns zu kontaktieren! Wir übernehmen für Dich die Geltendmachung Deiner Ansprüche auf Rückforderung von Glücksspielverlusten – risikolos!